Seit Wochen schon bearbeitet (Namen geändert) Eva ihren Norbert: „Wir müssen endlich etwas für unsere Beziehung tun. Bitte lass uns ein Beziehungscoaching machen.“ Aber Norbert ziert sich. Er findet ihre Beziehung „eh okay“ und meint „Ich weiß nicht, was du hast. Wenn du unbedingt zu einem Beziehungscoach gehen möchtest, dann geh doch. Aber ohne mich“. Aber alleine will Eva nicht. Eine klassische Patt-Situation, in der sich natürlich auch nichts ändert. Bis sich Eva aufrafft und alleine in meiner Praxis steht…
Tatsächlich ist der Leidensdruck, endlich etwas ändern zu wollen, in den seltensten Fällen gleich groß. Oft sind es die Frauen, die früher die Unstimmigkeiten in der Beziehung erkennen und beseitigen möchten, manchmal aber auch Männer. Aber wenn der andere aber noch nicht soweit ist, dann helfen auch Drohungen oder Bestechungen nicht. Denn ein Paarcoaching kann nur funktionieren, wenn beide freiwillig da sind und aktiv an ihrer Beziehung arbeiten möchten. Daher rate ich meinen Klienten immer, notfalls auch alleine den Weg zu mir zu machen und dem anderen freizustellen, ob er oder sie dabei begleiten möchte. Wichtig ist nur, dass du deinem Partner klarmachst: „So kann die Beziehung nicht mehr weitergehen. Deshalb gehe ich jetzt zum Beziehungscoaching oder in die Paarberatung, es freut mich selbstverständlich wenn du mitkommst.“
Im Fall von Eva und Norbert hat sich Eva anfangs ein bisschen verloren und als Versagerin gefühlt, weil sie jetzt alleine beim Paarcoach sitzt. Aber nicht lange. Denn durch das Coaching hat sie erkannt, dass sie Norbert nicht verändern kann, wohl aber ihr eigenes Verhalten, ihre eigenen Einstellungen und Glaubenssätze. Dass es in erster Linie darum geht, dass sie selbst glücklich ist und erst im zweiten Schritt darum, wie sie gemeinsam mit Norbert wieder glücklich wird.
Norbert auf jeden Fall hat rasch eine Veränderung an Eva bemerkt und wurde neugierig. „Wie ist denn das Beziehungscoaching so?“ hat er gefragt. Eva gab sich zugeknöpft: „Das kann ich schwer beschreiben. Aber ich freue mich, wenn du das nächste Mal mitkommst.“ Tatsächlich saßen beim nächsten Termin schon beide bei mir in der Praxis. Und das ist kein Einzelfall. So wie Eva und Norbert geht es ganz vielen Paaren. Einer ist meist skeptischer und anfangs auch unwilliger. Da gehört viel Mut dazu, alleine den Anfang zu machen. In den meisten Fällen hat diese Schritt eine unglaubliche Signalwirkung, viel stärker als endlose Diskussionen. Denn damit sagst du deinem Partner: „Ich meine es verdammt ernst, ich will etwas verändern – mit dir oder notfalls auch ohne dich!“
Coaching ist anlassbezogenes Lernen und Lernen verändert die Dinge und fördert ihre Entwicklung. Wenn dein Partner nicht darauf anspringt, du auch beim dritten Mal wieder alleine zum Beziehungscoaching oder in die Paartherapie pilgerst und sich auch sonst nichts in eurer Beziehung ändert, dann ist es wohl Zeit, über den Sinn und das Glück eurer Beziehung nachzudenken.