Was tun, wenn das Kind plötzlich lügt, raucht, zu viel Alkohol trinkt oder sonstigen Blödsinn macht? Familienexpertin Masha Hell-Höflinger gibt Rat.
Es kann wie ein Faustschlag in den Magen sein, wenn wir als Eltern zum ersten Mal realisieren, dass unser Kind uns ganz bewusst belügt. Klar, schon kleine Kinder flunkern manchmal. Aber wenn das Kind zum Teenager wird, bekommen die möglichen Probleme auf einmal andere Dimensionen. Wenn das Kind plötzlich lügt, raucht, zu viel Alkohol trinkt oder sonstigen Blödsinn macht, dann machen wir Eltern uns meist völlig zurecht Sorgen.
Ich selbst habe kürzlich eine dieser Situationen mit einem meiner zwei Teenager-Söhne erlebt. Ich kam spät von der Arbeit nach Hause. Mit meinen Söhnen war verabredet, dass sie ohne mich ins Bett gehen würden. Als ich in die Wohnung kam, stellte ich fest, dass einer meiner Söhne offenbar noch eben schnell ins Bett gesprungen war, als er meinen Schlüssel in der Tür gehört hatte. Es war offenkundig für mich, dass er nicht wirklich schlief, sondern sich nur schlafend stellte. Was tun in einer solchen Situation?
Ganz wichtig: Schimpfen, Schreien, Vorwürfe machen bringt uns in schwierigen Situationen mit unseren Kindern niemals weiter. Wenn wir als Eltern auf solche Weise mit unseren Kindern kommunizieren, sorgt das nur für Distanz. Je mehr wir schreien und wüten und lautstark Respekt von unseren Kindern einfordern, umso mehr werden sie sich von uns entfernen.
Leider kommt das Schimpfen und Schreien oft ganz automatisch, denn wir als Eltern sind in unseren Verhaltensweisen geprägt von den Erziehungsmustern unserer Vorfahren, die es oftmals auch nicht besser gelernt haben, als sich durch verbale oder sogar körperliche Gewalt Respekt und Gehör im Umgang mit ihren Kindern zu verschaffen.
Hinzu kommt, dass wir als Eltern, in dem Moment, in dem wir realisieren, dass unser Kind lügt, raucht oder zu viel Alkohol trinkt, erst einmal bei unseren eigenen Gefühlen sind. Wir wissen ganz genau, dass das Verhalten unseres Kindes nicht den Erwartungen der Gesellschaft entspricht, wir schämen uns und fühlen uns als Mama oder Papa als Versager:in, die oder der nicht in der Lage ist, sein Kind von derart schädlichem und peinlichem Verhalten abzuhalten.
Was können wir als Eltern also tun, um unser Kind von solchem Verhalten abzubringen?
Der Schlüssel ist, weg von der Kontrolle, hin zur Verbindung zu gehen. Wir als Eltern müssen verstehen, warum unser Kind sich auf eine gewisse Weise verhält und dann mit der passenden Unterstützung reagieren.
Dabei gibt es meist zwei wesentliche Ursachen für schwieriges Verhalten bei Kindern und Teenagern.
1: Das Verhalten ist Ausdruck ihrer Gefühle
Sind Kinder verzweifelt, wütend oder traurig, wissen sie sich oft noch nicht anders zu helfen, als ihren Gefühlen durch schwieriges Verhalten Ausdruck zu verleihen. Kleine Kinder können dann schreien, weinen, hauen oder beißen. Große Kinder greifen möglicherweise zur Zigarette oder probieren, was es mit ihnen macht, wenn sie Alkohol trinken.
Dann geht es darum, zu verstehen, warum das Kind gerade so verzweifelt, wütend oder traurig ist. Hat es Ärger mit anderen Kindern? Gibt es Probleme im Kindergarten oder in der Schule? Gibt es Probleme in der Familie, die das Kind belasten? Fehlt dem Kind noch eine passende Strategie, um mit einer heiklen Situation umzugehen?
In all diesen Fällen kann es sehr helfen, dem Kind mit Verständnis und Liebe zu begegnen und in Ruhe zu überlegen und zu vermitteln, was anstelle von aggressivem oder schädlichem Verhalten tatsächlich helfen könnte.
2: Sie probieren eine Verhaltensweise aus, die sie bei uns Erwachsenen gesehen haben
Ein schwieriges Verhalten beim Kind ist aber nicht zwangsläufig ein Zeichen dafür, dass es im Umfeld oder in der Familie des Kindes Probleme gibt oder ihm noch eine passende Strategie zum Umgang mit einer kritischen Situation fehlt.
Es gibt eine Reihe von Verhaltensweisen, die ein Kind in unserer Gesellschaft einfach ausprobieren wird. Das sind solche Dinge wie Klauen, Lügen und Rauchen. Dass ein Kind diese Verhaltensweisen testet, ist ganz normal, das gehört dazu. Es testet aus, welche Strategien es im Leben weiterbringen.
Das geht schon los bei kleinen Kindern, wenn sie zum Beispiel das Handy von den Eltern wegnehmen und verstecken. Teenager klauen beispielsweise Geld aus dem Portemonnaie ihrer Eltern oder Zigaretten aus der Schachtel von Mama oder Papa. Oder sie bestellen per Handyapp irgendein Spiel, ohne es der Mama zu sagen.
Wenn wir Erwachsenen ehrlich sind, wenden wir selbst noch einige dieser Strategien an, die wir unseren Kindern absprechen wollen, wir verheimlichen zum Beispiel Dinge oder verharmlosen sie, um uns das Leben leichter zu machen, um Streit zu vermeiden oder andere nicht zu verletzen.
Was hilft bei schwierigem Verhalten bei Teenagern?
Bei meinen Kindern mache ich es so: Ich rechne beispielsweise damit, dass sie versuchen werden, mich anzulügen. Ich nehme das nicht persönlich, denn mir ist bewusst, dass das nichts damit zu tun hat, ob sie von mir schlecht erzogen worden sind. Nein, sie testen das einfach aus.
Als mein Sohn sich schlafend stellte, habe ich zu ihm gesagt: 'Schatz, ich bin nicht doof, du bist mein Kind, ich merke es, wenn du mir etwas vorspielst. Mach sowas nicht mit mir. Ich lüge dich nicht an, also lüge du mich bitte auch nicht an. Wir sind uns nahe, ich liebe dich, das ist nicht notwendig. Erzähl mir lieber, warum du noch nicht schlafen konntest.'
Ich habe also nicht mit ihm geschimpft oder ihn angeschrien, dass er mir gegenüber Respekt haben soll. Stattdessen habe ich ihm im Sicherheitsraum der Familie die Gelegenheit dazu gegeben, zu verstehen, warum ich sein Verhalten nicht gut finde und mir ein anderes Verhalten wünsche.
So lernt dein Kind, dass Lügen ihm keine Vorteile bringt und dass er mit seinen Sorgen immer zu dir kommen kann. Vielleicht konnte dein Kind noch nicht schlafen, weil etwas ihm Sorgen macht? Dann könnte hier ein wertvolles Gespräch entstehen.
Die gleiche Strategie kann helfen, wenn dein Kind als Teenager raucht oder Alkohol trinkt.
In diesen Momenten haben wir als Eltern vor allem unsere eigenen Ängste im Kopf. 'Oh je, mein Kind ist auf keinem guten Weg, das wird ihm Schwierigkeiten machen und seiner Gesundheit schaden.' Doch wenn du aus deinen Ängsten heraus den Moralapostel spielst und mit deinem Kind schimpfst, wird es sich nur abgelehnt und unverstanden fühlen und auf Distanz zu dir gehen.
Löse dich stattdessen innerlich von deiner Sorge und deinen Ängsten und suche stattdessen Nähe durch ein offenes Gespräch mit deinem Kind. Signalisiere ihm, dass du es nicht ablehnst, weil es diese Verhaltensweise ausprobiert, und dass du den Wunsch hast, es aus seiner Perspektive zu verstehen: 'Hey, ich habe bemerkt, du rauchst ab und zu oder du hast gestern Abend sehr viel Alkohol getrunken. Wie geht es dir heute damit? Warum machst du das, magst du mir davon erzählen? Ich würde dich gerne verstehen und dir davon erzählen, dass es gewisse Gefahren dabei gibt. Vielleicht kann ich dir ein paar Tipps geben, wie du Alkohol und Zigaretten regulieren kannst.'
Du kannst auch von deinen eigenen Erfahrungen berichten: 'Als ich 15 Jahre alt war, habe ich geraucht, weil ich zu den coolen Leuten in der Schule dazugehören wollte. Ist es bei dir auch so?' Vielleicht fehlt deinem Kind gerade auch ein Gefühl von Zugehörigkeit. Dann könntest du als Mutter oder Vater versuchen, deinem Kind ein stärkeres Gefühl von Zugehörigkeit zu eurer Familie zu vermitteln.
Außerdem kannst du deinem Kind beibringen, an dieser Stelle zu reflektieren: 'Geht es mir wirklich gut damit, zu rauchen und zu trinken, um zu diesen Leuten dazuzugehören oder würde es mir anders besser gehen?' Außerdem kannst du natürlich davon erzählen, wie es dir damit ging, als du geraucht oder getrunken hast und deinem Kind so vermitteln, dass es dir auch eher geschadet als genutzt hat.
Manchmal ist es auch gar nicht nötig, dass wir Eltern unsere Kinder zurechtweisen, weil das Leben selbst ihnen die Lektion erteilt.
Dazu ein Beispiel aus meinem Leben: Als junges Mädchen habe ich einmal eine Kleinigkeit in einem Supermarkt geklaut und bin dabei erwischt worden. Der Ladendetektiv hat mich in sein Büro zitiert und mich vor die Wahl gestellt: Er wollte entweder die Polizei oder meine Eltern anrufen.
Ich habe ihn gebeten, meinen Vater anzurufen und mein Vater kam dann auch, um mich abzuholen. Er hat sich für mein Verhalten entschuldigt und das geklaute Teil bezahlt, dann sind wir nach Hause gegangen. Er hat nicht mit mir geschimpft, er hat nur gesagt: 'Was soll ich dir dazu sagen? Du hast jetzt selbst gespürt, was für Konsequenzen es hat, wenn du etwas klaust.'
Und genau so war es. Ich habe mich so sehr geschämt – ich habe nie wieder geklaut, aber ich war meinem Papa ewig dankbar dafür, dass er mich so entspannt aus dieser Situation heraus begleitet hat.
Hilfe für deine Situation
Erlebst du als Mutter oder Vater gerade auch schwierige Situationen mit deinem Kleinkind oder deinem Teenager und möchtest konkreten Rat dazu, wie du damit umgehen kannst? Vermutest du, dass es schwierige Situationen im Umfeld des Kindes oder eurer Familie sind, die dein Kind dazu bringen, sich selbst oder anderen zu schaden?
Dann melde dich gerne bei mir! Wir schauen gemeinsam auf eure Situation und ich vermittle dir schnell, was du tun kannst, um deinem Kind zu helfen und sein Verhalten nachhaltig zu verändern.
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