Während einer Paarberatung ist das Erkennen der gegenseitigen Grundbedürfnisse und Regeln ein erster Schritt auf dem Weg zu einer glücklichen Partnerschaft. In diesem Artikel erfährst du, warum es so wichtig ist, den Partner WIRKLICH zu verstehen, und was unsere 6 Grundbedürfnisse damit zu tun haben, wenn Paare sich streiten.
Du findest hier zu jedem Grundbedürfnis auch stellvertretende Beispiele beschrieben. Diese machen es dir leichter, in deinem Alltagsleben Situationen zu interpretieren und sie richtig zu deuten. Jede Verhaltensweise befriedigt gleichzeitig oft mehrere Grundbedürfnisse, in den Beispielen wird das jeweils dominanteste angeführt.
So simpel es auch klingen mag: Wenn du die Grundbedürfnisse deiner intimen Partner kennst und erfüllst, und dieser spürt, dass er von dir verstanden wird, brauchst du keine Paarberatung! Dann hast du keinen Partner, sondern einen glühenden Fan auf Lebenszeit!
Den ersten Teil dieses Artikels findest du hier!
Hier wird das erste der 6 Grundbedürfnisse, das Grundbedürfnis nach Sicherheit, anhand von praktischen Beispielen erläutert. Zusätzliche Infos und Erklärungen zu jedem der 6 Grundbedürfnisse findest du in meinen Büchern.
Die Sicherheit ein Dach über dem Kopf zu haben, auf einem Boden zu stehen, der einem nicht wegbricht, ein gewisses Grundeinkommen zu erhalten, körperlich gesund zu sein... Alles das sind Basissicherheiten für Menschen und Grundvoraussetzung dafür, sich auf etwas anderes konzentrieren zu können, wenn diese erfüllt sind.
In der Partnerschaft sind die Strategien, Sicherheit zu erlangen, von Paar zu Paar, aber auch von Mensch zu Mensch, unterschiedlich und können sowohl positiv als auch negativ wirken. Innerhalb der Beziehung ist sowohl für dein, als auch für das Wohlbefinden deines Partners entscheidend:
Hier einige Beispiele:
Bernd ist 43 und verheiratet. Laut eigenen Angaben fühlt er sich in seiner Partnerschaft immer dann besonders wohl, gut aufgehoben und sicher, wenn er mit seiner Frau Annika (36) Körperkontakt hat. Insbesondere Umarmungen sind es, die ihm ein Gefühl von Wärme und Geborgenheit geben. Das wäre soweit noch nichts Besonderes. Seine unbewussten Regeln aber machen es ihm ein wenig schwieriger. Es ist für ihn besonders wichtig, dass seine Frau ihn, wenn er heimkommt, umarmt. So soll sie sich auch dann Zeit dafür nehmen, wenn sie gerade beschäftigt ist. Im anschließenden Gespräch fanden wir besondere Details heraus: Die Umarmung sollte nicht zu kurz ausfallen und besser ist es, wenn er die Bindung löst, weil das für ihn bedeutet, seine Frau hätte ihn gerne länger umarmt und hat es genossen.
Seine Regel:
Immer wenn ich heimkomme, möchte ich umarmt werden! Wenn meine Partnerin sich dafür Zeit nimmt, auch wenn sie gerade beschäftigt ist, bin ich mir sicher, gewollt und geliebt zu werden.
Seine Partnerin Annika äußerte im Paarcoaching, dass sie immer dann Sicherheit empfindet, wenn Bernd ihr etwas Liebevolles sagt. "Was soll er denn sagen?", wollte ich wissen und versuchte damit, der zugrunde liegenden Regel auf die Spur zu kommen. "Wenn er mich „Mein Liebling“ nennt!", fiel ihr schließlich ein, "Auch meine Großmutter hat so zu mir gesagt!" Ich fragte sie weiter, wie sie Umarmungen empfindet, und erfuhr schließlich, dass es sich für sie so anfühlt, als würde sie etwas geben.
Ihre Regel:
Bei einer Umarmung gebe ich etwas her, bei liebevollen Worten bekomme ich etwas. Ich fühle mich besonders sicher, wenn mein Partner zu mir „mein Liebling“ sagt.
Mein Kommentar als Coach
Wenn die beiden ihre unterschiedlichen Regeln kennen und berücksichtigen lernen, können sie sich besser aufeinander einstellen. Eine weitere Möglichkeit wäre es, eine unangemessene oder veraltete Regel bewusst durch eine neue zu ersetzen. Gibt es keine Annäherung, ist dieser Bereich ein möglicher Krisenherd in ihrer Beziehung.
Herbert, 28, war sich der Liebe seiner Freundin Martha nicht sicher, viel mehr als das: Er war extrem eifersüchtig. Seine Freundin und er hatten regelmäßig Streit, wenn sie abends mit Freunden ausging. Im Männercoaching erzählte er mir, wie nervös er immer war, wenn sie sich mit einer Freundin oder einem Bekannten traf. Aus Angst, sie könnte ihn verlassen oder fremdgehen, kontrollierte er heimlich ihr Handy, rief sie unterwegs ständig an, usw. Wenn ihm nichts verdächtig vorkam, fühlte er sich kurz besser.
Nachdem er aber ständig nach Indizien für einen Betrug oder Ähnliches gesucht hat, fand er hin und wieder etwas, das aus seiner Sicht ein Zeichen dafür war. Verstört darüber, schwieg und grübelte er vor sich hin, bis es schließlich doch aus ihm herausplatzte. Seine Freundin reagierte meist ärgerlich darauf, verzieh ihm aber immer wieder. Bis es wieder passierte … und so weiter und so weiter. So landete er schließlich bei mir auf der Couch, weil sie endgültig die Nase von ihm voll hatte.
Seine Regel:
Wenn ich meine Freundin nicht kontrolliere, fühle ich mich unsicher, also muss ich es tun. Wenn ich nichts finde, fühle ich mich kurzfristig besser. Wenn sie erfährt, dass ich sie kontrolliere und sie mir trotzdem verzeiht, muss sie mich lieben!
Mein Kommentar als Coach
Herbert ist sich seiner selbst nicht sicher, er hat Angst, als Partner nicht zu genügen. Diese Ängste kennen wir alle. Herbert hat einen besonders destruktiven Weg gewählt, Sicherheit zu erlangen, der auf Dauer die Qualität seiner Beziehungen negativ beeinflusst.
Aber Achtung!
Wenn du immer weißt, was passiert, wann es passiert und wie es passiert, ist das auf Dauer langweilig. So ist es nur zu verständlich, dass wir neben einem starken Bedürfnis nach Sicherheit auch ein ebenso großes Bedürfnis nach Unsicherheit, Abenteuer und Abwechslung haben. Kein Wunder also, wenn die Liebe im langweiligen Gleichmaß vieler Paare auf Dauer erstickt.