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Warum sind wir eifersüchtig?

Geschrieben von Dominik Borde | Mittwoch, 24. Juni 2015

Warum sind wir eifersüchtig? Gibt es die Liebe auf den ersten Blick? Kann man mehr als einen Menschen lieben? Beziehungscoach Dominik Borde, beantwortet im Lea Interview 12 spannende Fragen rund um die Liebe.

 

Warum sind wir eifersüchtig?

12 spannende Fragen rund um die Liebe

Nichts bietet so viel Gesprächsstoff wie die Liebe. Die kann man nicht erklären? Doch: Unser Beziehungscoach Dominik Borde beantwortet die häufigsten Fragen.

 

1. Gibt es Liebe auf den ersten Blick?
„Nein, das ist eine Illusion. Denn verknallt sein ist nicht gleich Liebe. Was wir am Anfang für jemanden empfinden, ist Begehren. Unsere Hormone spielen verrückt, und wir wollen etwas von ihm haben: seine Nähe, Aufmerksamkeit und Sex. Wenn aus verliebt sein Liebe wird, lernen wir den anderen anzunehmen, wie er ist, mit all seinen Ecken und Kanten. Wer liebt, bei dem steht nicht mehr das Nehmen, sondern das Geben im Vordergrund. Das hat nichts mit Selbstaufgabe zu tun, aber wir denken oft: Nichts macht mich glücklicher, als den Partner glücklich zu machen.“

2. Warum haben wir Liebeskummer?
„Wenn wir verliebt sind, dann werden so viele Hormone ausgeschüttet, dass wir uns wie in einem Drogenrausch befinden. Bekommen wir diese Drogen nicht mehr, müssen wir erst einmal einen Entzug durchmachen – und der ist hart. Werden wir verlassen, passiert im Gehirn übrigens das gleich wie bei einer körperlichen Verletzung. Es tut uns also tatsächlich weh.“

3. Ist er nach langer Beziehung heftiger?
„Je länger die Beziehung, desto größer der Kummer – das kann man so pauschal nicht sagen. Ist man aber schon eine Weile zusammen, entwickeln sich leichter Abhängigkeiten. Und je mehr ich den Partner für mein Leben brauche, desto stärker wird der Kummer. Was auch eine Rolle spielt: Wenn ich schon viel in die Beziehung investiert habe, beispielsweise viel gestritten und immer wieder nach Lösungen für die Krisen gesucht habe, ist es härter, loszulassen.“

4. Wie kann ich ihr Herz erobern?
„Indem ich ihm zeige: Ich habe Spaß an meinem Leben, auch ohne Mann! Denn wir werden von lebensfrohen Menschen angezogen. Der absolute Lustkiller: bedürftig erscheinen. Das heißt, lieber mit sich zufrieden sein und sich ein wenig rar machen. Wir zeigen damit, dass wir wählerisch sind und der Andere begehrt uns noch mehr. Was allzu leicht zu haben ist, ist nichts wert! Ein Mann, der sich anstrengen musste, um mich zu erobern, wird mich mehr schätzen. Der größte Fehler ist, ihm permanent hinterherzulaufen. Aber: Zu unnahbar darf man sich auch nicht geben. Damit mein Verehrer sein Interesse an mir behält, muss ich ihm immer wieder Bestätigung geben und zeigen: Die Bemühungen sind nicht umsonst. Männer lieben Komplimente.“

5. Liebt man mit 60 anders als mit 20?
„Gefühle kennen kein Alter! Allerdings hat man mit 60 einen anderen Fokus. Man kennt seine Bedürfnisse besser, lässt sich nicht mehr so sehr nur von Attraktivität blenden. Was man im Alter besonders sucht, ist eine tiefe Nähe. Man weiß die Zeit mit dem Partner mehr zu schätzen. Und man ist eher bereit, die Beziehung zu reparieren, als sich in etwas Neues zu stürzen. Auch der Sex verändert sich. Vor allem Männer haben weniger Lust – aber nicht, weil sie die Partnerin weniger attraktiv finden, sondern weil ihr Testosteron-Spiegel sinkt.“

6. Kann ich Liebe bewusst steuern?
„Ja! Denn ich kann mich frei für oder gegen jemanden entscheiden. Selbst wenn es scheint, als könnte man sich gegen die erste Anziehung gar nicht wehren – man hat immer die Chance zu sagen: Dieser Mensch tut mir nicht gut, ich lasse mich emotional nicht darauf ein. Wir sind ja nicht von jetzt auf gleich hoffnungslos verliebt. Übrigens: Wie zufrieden wir im Leben sind, hängt zu 90 Prozent davon ab, ob wir den richtigen Partner wählen.“

7. Warum vergisst man den Ersten nicht?
„Der erste Kuss, das erste Mal – das alles ist neu für uns und beschäftigt das Gehirn extrem. Und es bleibt lange in der Erinnerung. Je öfter man die gleichen Dinge erlebt, desto weniger Aufmerksamkeit schenken wir ihnen. Deshalb vergeht für viele im Alter die Zeit auch scheinbar wie im Flug.“ 

8. Warum sind wir so eifersüchtig? 
„Dieses Gefühl haben meist Menschen, die glauben, nicht gut genug zu sein. Sie suchen nach Bestätigung und wollen den Partner dazu treiben, ihnen mehr Aufmerksamkeit und Nähe zu schenken. Was man mit Eifersuchts-Szenen allerdings erreicht, ist das komplette Gegenteil: Der Andere fühl sich ungerecht behandelt – denn man unterstellt ihm womöglich Untreue – und er wendet sich immer mehr ab. Meist sind Menschen, die schon mal betrogen worden sind oder von ihren Eltern wenig Bestätigung bekommen haben, automatisch eifersüchtig. Ebenso Perfektionisten, die immer und überall das Haar in der Suppe suchen.“

9. Kann man Sex und Liebe trennen?
„Theoretisch schon - und einige Menschen kriegen das vielleicht auch hin. Allerdings ist es so, dass beim Sex das Bindungshormon Oxytocin ausgeschüttet wird. Und zwar bei Männern genauso wie bei Frauen. Vor allem, wenn man mehrere Male zusammen im Bett ist, sorgt das automatisch für eine Nähe zwischen den Sex-Partnern. Und aus diesem Gefühl kann leichter Liebe entstehen.“

10. Woher kommt das Bauchkribbeln?
„Natürlich nicht von den berühmten Schmetterlingen. Viel mehr entsteht dieses Gefühl durch verschiedene Hormone, die durch unseren Körper flitzen und einiges durcheinander bringen. Im Grunde ist verliebt sein wahrer Stress für den Körper – den empfinden wir aber als positiv. Das Kribbeln entsteht am Anfang auch dadurch, dass wir noch alles für möglich halten. Mit der Zeit wissen wir aber immer mehr, wo die Beziehung hinführt und das Kribbeln wird weniger.“

11. Kann man mehr als einen lieben?
„Was wir auf jeden Fall können, ist zwei Menschen gleichzeitig zu begehren. Meist wollen wir beiden nahe sein, um verschiedene Bedürfnisse zu befriedigen. Zum Beispiel gibt uns der eine Sicherheit und mit dem anderen können wir Abenteuer erleben. Theoretisch kann man auch für zwei Menschen Liebe empfinden – das ist aber in der Praxis nur schwer umzusetzen. Schließlich geht es bei richtig verstandener Liebe darum, den anderen glücklich zu machen. Und das große Problem in so einer Dreier-Konstellation ist, dass sich meist einer benachteiligt fühlt.“

12. Warum gibt es Dauer-Singles?
„Oft ist ein geringes Selbstbewusstsein schuld. Diese Menschen wirken bedürftig, so als bräuchten sie unbedingt einen Partner, um glücklich zu sein. Sie bauen sich dadurch selbst Druck auf, was sie unentspannt wirken lässt. Oft kommen noch negative Gedanken hinzu, wie: Die große Liebe gibt es sowieso nicht. Viel Dauer-Singles wählen auch einfach falsch. Sie schauen nur aufs Aussehen oder den Beruf, aber nicht, ob der Andere auch charakterlich zu ihnen passt. Erst mal sollten sie sich fragen: Was suche ich NICHT? Dann lässt sich schon viel herausfiltern. Der nächste Schritt ist, herauszufinden, was man WILL. Wie soll er aussehen, welchen Humor soll er haben, wie alt soll er sein …? Die letzte Frage an sich selbst lautet dann: Wer muss ICH sein, um so jemanden anzuziehen? Ein Mauerblümchen wird es zum Beispiel schwer haben, einen besonders selbstbewussten Mann zu halten.“

 

– Lea, Seiten 54-55