Liebe beruht auf trotzdem - nicht auf weil - Dominik Borde im aktuellen Miss Magazin zum Thema: Wie können Beziehungen mit Unterschieden funktionieren und was macht eine erfolgreiche Partnerschaft aus...
Von Gegenteilen und Gleichgesinnten
Wie können Beziehungen mit Unterschieden tatsächlich funktionieren – und was macht eine erfolgreiche Partnerschaft aus?
Gleich und gleich gesellt sich gern? Ein gängiges Sprichwort besagt, was psychologische Studien ebenfalls untermauern: Für gewöhnlich suchen Menschen, die sich einen festen Partner wünschen, von vornherein eher nach Gemeinsamkeiten anstatt nach Unterschieden. Häufig lernen Paare sich kennen, weil sie sich im gleichen Milieu bewegen – sei das die gleiche Bildungsschicht, die Arbeit oder der Freundeskreis. Es ist normal, instinktiv nach Ergänzungen im Ähnlichen und nach Vertrautheit zu suchen.
Verschieden ist nicht gleich verschieden
Die Biologie argumentiert anders: Gegensätze ziehen sich an. Wenn Partner sich zu sehr ähneln, so ist die Chance geringer, gesunden Nachwuchs zeugen zu können. Die Aussicht auf möglichst unterschiedliche genetische Konstellationen sollte uns eigentlich nach jemandem suchen lassen, der ganz anders ist als wir selbst. Beziehungsexperte Dominik Borde erklärt, wieso das auch sinnvoll ist, anhand eines Beispiels aus der Wirtschaft: „Wenn ein Geschäftsführer bloß Mitarbeiter anstellt, die ihm selbst ähneln, so schränkt das das kreative Potenzial des Unternehmens stark ein. Wachstum ist vor allem dann möglich, wenn Menschen unterschiedlich denken – auch in Paarbeziehungen.“ Verschiedenheiten sind dennoch nicht gleich Verschiedenheiten. Kleine Unterschiede bei Hobbys und Interessen können Leben in die Beziehung bringen und zu neuen Impulsen inspirieren. Konfliktpotenzial besteht, wenn grundsätzliche Ansichten auseinander driften: Einstellungen, die den prinzipiellen Umgang miteinander, Respekt, Kompromissbereitschaft und Problembewältigung betreffen, sind das Um und Auf für eine gesunde Beziehung. Wer sich in unterschiedlichen Lebensstadien befindet, eine andere Mentalität und Kultur hat, wirtschaftlich ungleich aufgestellt ist oder verschiedene Sprachen spricht, hat mit diesen Punkten eher zu kämpfen als Paare, die sich in Grundsatzfragen ähneln. Dominik Borde meint, dass es hier vor allem auf die Persönlichkeit ankommt: Wer eher ein „Entscheidungs-Typ“ ist, ist mit einem „Vermittler-Typ“ besser aufgehoben. Im Gegenteil braucht jemand, der abenteuerlustig ist, auf jeden Fall jemanden, der ähnlich empfindet.
Unterschiede können positiv sein
Borde erklärt, dass Liebe ein Ort ist, an dem man einander genau so akzeptieren muss, wie man ist – und nicht jeder Mensch hat bloß Vorzüge. „Oft ist genau das, was uns zu Beginn am anderen fasziniert, im Laufe der Beziehung dann ein Störfaktor. Eine der größten Aufgaben in einer Partnerschaft ist es, zu akzeptieren, dass jeder Vorzug auch einen Nachteil mit sich bringt. Das Erfolgskonzept glücklicher Paare, die langfristig erfolgreich miteinander sind, ist die Erkenntnis, dass man Unterschiede als etwas Positives wahrnimmt. Liebe beruht auf ‚trotzdem‘ – und nicht auf ‚weil‘.“
Liebe überwindet Unterschiede
Interessant: Die Scheidungsrate binationaler Paare ist leicht geringer als die von Paaren, die aus dem gleichen Land stammen. Partnerschaften, die sich aus verschiedenen Kulturkreisen zusammensetzen, weisen auf Dauer eine höhere Stabilität auf. Und generationsübergreifende Liebesbeziehungen sind ebenfalls kein Phänomen des 21. Jahrhunderts: Julius Caesar war 45 Jahre alt, als er sich in die 20-jährige Kleopatra verliebte, und Johann Wolfgang von Goethe war 74 Jahre alt, als er der 19-jährigen Ulrike von Levetzow einen Heiratsantrag machte.
– Nina Hierzenberger, Miss Magazin Seite 101