Zumindest in der Theorie scheint dies möglich. Evolutionspsychologe Dr. Satoshi Kanazawa führte an der London School of Economics and Political Science eine Langzeitstudie mit über 20.000 männlichen Probanden durch.
"Wie die empirische Analyse zeigt, ist es wahrscheinlich, dass intelligente Männer mehr Wert auf Monogamie legen, als ihre weniger schlauen Artgenossen." Der Forscher erklärt das aus der evolutionären Entwicklung sexueller Beziehungen. Während unsere Vorfahren polygam lebten, wurde im Zuge der Neuzeit die monogame Zweierbeziehung gesellschaftlich aufgewertet. Wer sich also besser an entwicklungsgeschichtliche Veränderungen anpassen kann, gilt laut der britischen Studie als schlauer. "Intelligentere Männer schätzen eher sexuelle Exklusivität und Monogamie als weniger intelligente Männer", so Kanazawa.
Wie das »Social Psychological Quarterly« berichtet, wurden die Teilnehmer kontinuierlich über ihr Sexualverhalten und ihre Einstellung zu verschiedenen Lebensthemen befragt. Gleichzeitig unterzogen sie sich mehreren Tests, bei denen ihr IQ gemessen wurde. Dabei zeigte sich, dass diejenigen mit dem höchsten IQ monogamer lebten als ihre weniger intelligenten Geschlechtsgenossen.
Studienleiter und Evolutionspsychologe Kanazawa beschränkt daher seine Schlussfolgerungen nicht nur auf das Liebesleben in einer modernen Gesellschaft, sondern denkt in Zyklen, die mehrere Millionen Jahre umfassen. Evolutionstechnisch seien Männer instinktiv durch den ihnen auferlegten Fortpflanzungsdruck »leicht polygyn« orientiert, so Kanazawa. Da aber heute dieser evolutionäre Druck nicht mehr existiere, seien intelligente Männer fähig, sich von veraltetem Triebverhalten zu lösen und bewusst andere Grundwerte, z.B. eheliche Treue und Monogamie, in ihr Leben zu übernehmen.
Um diese These zu prüfen und das Persönlichkeitsprofil jedes Teilnehmers so differenziert wie möglich zu rastern, bezogen sich die von Kanazawa gestellten Fragen nicht nur auf das Sexualverhalten, sondern darüber hinaus auf religiöse, politische und ethische Themen. In dieser Runde wurden auch Frauen befragt. Ergebnis: Je höher der IQ, umso weiter orientierten sich die Probanden politisch links und forderten z.B. höhere Steuern für Gutverdiener, um sozial Schwachen helfen zu können. Gleichzeitig erklärten Teilnehmer mit hohem IQ, sich keiner Religion zugehörig zu fühlen. Daraus ließe sich ableiten: Je klüger ein Mensch ist, umso selbständiger und sozialer denkt er und umso geringer ist sein Bedürfnis nach religiöser Führung.
Kluge Männer sind atheistisch, treu und sozial. Hilft also eine ausgeprägte Intelligenz dabei, auf Seitensprünge zu verzichten? Eine mögliche Bestätigung könnte die Kontrollfunktion bzw. gut entwickelte Impulskontrolle des Gehirns liefern, die bei Menschen mit hohem IQ besser funktioniert. Dies wurde bereits in älteren Studien belegt. Doch daraus zu schließen, dass nur dumme Männer fremdgehen, lädt Kritiker dazu ein, die These zu verulken. Natürlich kann man Kanazawas Theorie nicht verallgemeinern, denn man könnte den Spieß umdrehen und behaupten, kluge Männer können die unangenehmen Folgen des Fremdgehens leichter abschätzen als weniger intelligente und verzichten daher dankend. Oder sind die befragten Schlaumeier womöglich nur schlau genug zu wissen, welche Antwort besser ankommt und die »dümmeren« Fremdgänger einfach nur nicht »schlau« genug, sich nicht erwischen zu lassen? Auch der FU-Biopsychologe Peter Walschburger mahnt zur Vorsicht und rät, die Studie nicht allzu wörtlich zu nehmen: »Die Lust zum Seitensprung geht von Strukturen und Impulsen des Gehirns aus, denen das reflexive Bewusstsein meist nur wenig entgegenzusetzen vermag«.
Wie man aus den Medien weiß, gibt es einige berühmte und durchaus als sehr intelligent eingestufte Männer, die öffentlich fremdgingen, wie zum Beispiel der US-Präsident Kennedy. Allerdings kann davon ausgegangen werden, dass Intelligenz auch mehr Reflektionsvermögen bedeutet, eine Eigenschaft die unabdinglich ist, wenn es darum geht, die eigene Beziehung wieder spannender und liebevoller zu gestalten. Kluge Menschen sind neugieriger und offener gegenüber dem Unbekannten, das muss aber nicht heißen, offener gegenüber der Erfahrung mit immer wieder neuen Menschen. Viel eher bedeutet es, neugieriger gegenüber dem Lösen von Beziehungsproblemen und eingefahrenen Mustern in der Partnerschaft zu sein.
Interessanterweise konnte Dr. Kanazawa keine statistische Korrelation zwischen IQ und Treue bei Frauen nachweisen. Heißt das nun, dass Frauen durch die Bank treuer oder weniger treu sind?