Kitsch, Konsum oder notwendig für die Beziehung? Tipps für den Valentinstag vom Beziehungscoach in den Salzburger Nachrichten.
„Für Liebe gibt es zum Glück noch keine App“
Kitsch, Konsum oder notwendig für die Beziehung? Ein Paartherapeut erklärt, wie man aus dem Valentinstag das Beste macht.
Dominik Borde berät Menschen in Liebesdingen. Er erzählt, warum Alibigeschenke am Tag der Liebe nichts bringen, dass man das Handy besser abschalten sollte und warum das aber alles nicht am Valentinstag passieren muss.
SN: Warum sollte man den Valentinstag feiern?
Borde: Dieser Tag ist nur eine von vielen Möglichkeiten, dem Partner zu zeigen, dass man ihn liebt. In einer Zeit, in der die Kommunikations- und Informationsflut immer größer wird, brauchen Paare oft eine Ruheinsel, auf die sie sich zurückziehen können, um eine gute Zeit zu haben. Der Valentinstag erinnert uns daran. Wenn beide daran Spaß haben, dann kann das auch sein Gutes haben. Egal ob das jetzt ein kommerzieller Event ist oder nicht.
SN: Der Liebesbeweis zum Valentinstag wirkt schon fast zwanghaft. Wäre es nicht wichtiger, den Partner an einem anderen Tag zu überraschen?
Absolut, auch zu jedem anderen Zeitpunkt kann man den Tag der Liebe feiern. Es ist eben nur eine Erinnerung. Ich kann auch am Valentinstag überraschen und eben nicht klassisch Blumen schenken, sondern etwas ganz anderes. Traditionell bringen ja die Männer den Frauen etwas mit. Auch das kann man umdrehen.
SN: Was schenken Sie zum Valentinstag?
Das wird eine Überraschung, ich will nicht, dass meine Frau das in der Zeitung liest. Aber jeder sollte sich bei den Vorbereitungen auf den Valentinstag daran erinnern, was man zu Beginn der Beziehung für den Partner gemacht hat. Das beginnt bei der Art und Weise, wie ich jemanden begrüße. Nach vielen Jahren Beziehung fehlen oft das Lächeln oder die kleinen zärtlichen Berührungen.
SN: Läuft der Valentinstag nicht Gefahr, so zu werden wie Weihnachten: Man sollte sich darauf freuen, hat am Ende aber nur Verpflichtungen und Stress?
Müssen tun wir gar nichts, aber man darf es wollen. Wenn man das Gefühl hat, man muss etwas tun zum Valentinstag, und so ein Alibigeschenk kauft, dann kommt das sowieso nicht an.
SN: Was sagen Sie zu dem Vorwurf, dass der Tag der Liebe ein reiner Konsumevent ist?
Meine Erfahrung ist, dass die Menschen, die diesen Anlass aus Protest nicht zelebrieren, auch an den restlichen Tagen ihre Beziehung nicht in Schwung bringen.
SN: Wird der Valentinstag vielleicht deshalb immer wichtiger, weil wir sonst immer weniger Zeit füreinander haben?
Ob man genau diesen Tag dazu braucht, ist eine individuelle Frage. Aber wenn man sich glückliche Paare ansieht, dann gibt es eine Gemeinsamkeit: Sie haben Beziehungsrituale. Das kann ein Wochenende oder ein Tag alle paar Wochen sein, an dem man sich Zeit füreinander nimmt. In diesem Zeitraum drehe ich das Handy ab und empfange keine E-Mails, sondern tue meiner Partnerschaft etwas Gutes.
SN: Sind Handy und Computer tatsächlich die Feinde einer Beziehung? Viele lernen sich heute über das Internet erst kennen.
Immer mehr Singles klagen, dass sie auf der Straße niemanden mehr ansprechen können, weil jeder in sein Handy schaut. Für die Schüchternen bietet das Internet die Möglichkeit, jemanden kennenzulernen und das Flirten zu üben. Das Internet täuscht aber nicht über alles hinweg. Romantiker sind auch im Internet romantisch und Oberflächliche meistens auch oberflächlich. Viele Plattformen im Internet fördern ja auch den Egowettberb. Es geht darum, so viel Zuspruch wie möglich zu sammeln. Liebe heißt aber vor allem, jemandem etwas geben. Für die Liebe gibt es aber zum Glück noch keine App.
SN: Wie sollten Singles den Valentinstag verbringen?
Sich selbst etwas Gutes tun. Wenn man nicht weiß, wie man sich selbst einen guten Tag macht, dann funktioniert das mit einem Partner auch nicht. Unglückliche Singles bleiben viel eher allein. Selbstbewusste und entspannte Menschen sind eine Bereicherung für andere und finden eher einen Partner. Wer dringend eine Beziehung braucht, wirkt bedürftig und ist unattraktiv.
SN: Ist es nicht ein Fluch unserer Zeit: Jeder muss attraktiv sein, gecoacht, perfekt, glatt, nur damit er sich gut verkauft?
Perfekt sein ist der falsche Anspruch. Der Mensch ist ja immer im Werden. Aber in allen anderen Bereichen suchen wir uns Unterstützung, ob das die Fitness oder die kaputte Waschmaschine ist. Liebe ist nicht einfach ein Wunder, das einfach da ist. Beziehungen werden schlechter, wenn niemand etwas dafür tut. Die meisten Partnerschaften scheitern nicht, weil man nicht den richtigen Partner hat, sondern weil man mit dem richtigen Partner nicht richtig kommuniziert — und das kann man lernen.
– Marian Smetana, Salzburger Nachrichten, Ausgabe vom 13. Februar 2016, Seite 7