"Ich bin Single und wünsche mir eine Familie"
Während viele Paare ihren gemeinsamen Alltag wenig zu schätzen wissen und die tagtäglichen Aufgaben und Pflichten rund um ein Familienleben oft als lästig empfinden, wünschen sich zahlreiche Singles nichts sehnlicher, als ein ganz normales Familienleben. Beziehungs-Coach und für-Mich-Experte Dominik Borde über diese Sehnsüchte und wie man mit ihnen umgeht.
So klischeehaft es klingen mag, der Gedanke daran, mit Kind und Kegel vor dem Fernseher einzuschlafen, als Paar mit Kindern durch den Park zu spazieren, gemeinsam etwas zu unternehmen, kurzum die Sehnsucht nach scheinbar alltäglicher Nähe und Zugehörigkeit, belastet einen Großteil der Single-Frauen, die zu mir kommen.
Anders als Single-Männer unterliegen Single-Frauen einem biologischen Diktat. Ab Mitte 30 stehen sehr viele Frauen enorm unter Zeitdruck. Irgendwann ist es schließlich zu spät, den Richtigen zu finden und mit ihm eine Familie zu gründen. Was tun also, wenn die biologische Uhr immer lauter tickt, ein Kinderwunsch bisher unerfüllt blieb und kein geeigneter Partner in Sicht ist?
Allein sein
Den Richtigen hat Yvonne, eine 34-jährige Bankangestellte, noch nicht getroffen. Mit der Zeit wurde ihre Ungeduld immer größer. Sie erzählt: „Ich bin vor drei Wochen 34 geworden. Seitdem habe ich noch häufiger das Gefühl, die Zeit rennt mir davon. Es ist schrecklich. Früher waren mir der Beruf und die Karriere wichtiger, aber seit drei Jahren bin ich nun Single und mittlerweile mehr als bereit für Familie und Kinder. Ich lerne aber nur komische Männer kennen, mit denen es nicht klappt. Ich bin echt offen für alles, aber es ist eine Enttäuschung nach der anderen. Wie lange soll ich denn noch warten? Ich will nicht erst mit 40 Mutter werden, wenn überhaupt.
Das Alleine-Sein macht mich manchmal fertig. Ich habe zwar Freunde, die wahnsinnig lieb sind und dafür bin ich auch sehr dankbar. Dennoch ist das nicht das Gleiche. Alle um mich herum sind verheiratet, kriegen Kinder, oder gründen gerade eine Familie. Ich freue mich wirklich für sie, aber ich will auch endlich glücklich sein. Wenn ich auf Facebook sehe, wie alle Babyfotos oder Bilder mit ihren Familien posten, kommen mir manchmal sogar die Tränen! Ja, ich weiß, dass ich da immer besonders sentimental bin, aber es fällt mir dann schwer, mich nicht zu vergleichen. Manchmal frage ich mich, was falsch ist mit mir. Ich sehe nicht schlecht aus und bin auch nicht dumm. Warum bin ich allein? Meine Freunde können auch nicht verstehen, warum ich immer noch alleine bin.“
Und tatsächlich: Yvonne ist eine hübsche Frau, einfühlsam und humorvoll. Auf den ersten Blick ist kaum zu glauben, dass sie es schwer hat, den Richtigen zu finden.
Angst macht unfrei
Wenn Frauen Torschlusspanik haben, steht heutzutage meist eher der Kinderwunsch im Vordergrund als die Angst keinen Mann mehr abzubekommen. Verkrampft suchen sie nach einem Vater für ihre ungeborenen Kinder, anstatt nach einem Mann, der wirklich zu ihnen passt. Single-Männer, die zu mir kommen, berichten häufig von ersten Dates, bei denen sie sich vorrangig als zukünftige Väter, Ernährer und Versorger abgecheckt fühlten. Kaum etwas schlägt einen Mann schneller in die Flucht, als eine Frau mit Torschlusspanik.
Die Angst davor alleine übrig zu bleiben und der Druck unbedingt ein Kind zu wollen, macht unfrei. Unfreie Menschen sind keine attraktiven Partner. Ein Mann spürt unterbewusst, wenn es vorrangig nicht um ihn als Mann und Mensch geht, sondern um die Befreiung von ihren Ängsten und Sehnsüchten. So kommt es, dass er sich auch selbst beengt und unfrei fühlt.
Never ever
Vermeiden Sie diese Fehler unbedingt:
- Ihn zu einer festen Beziehung drängen
- Sich an ihn klammern
- Ihn zu überreden versuchen
- Ihn sofort nach Kindern und Familie zu fragen
- Zu früh Pläne weit in die Zukunft schmieden
- Zu früh Sex haben, um ihn zu binden
- Zu früh zusammenziehen, aus Angst ihn zu verlieren
Lernen das Leben zu lieben
Nur keine Zeit verschwenden, lautet das Motto vieler Frauen, die sich Familie wünsche und krampfhaft auf Partnersuche sind. Doch genau darin liegt das Problem. So paradox es klingen mag, erst wenn Sie gelernt haben, in Ihrem Leben auch ohne Kinder und Familie erfüllt und glücklich zu sein und Ihr Glück auch abseits vom Lebensentwurf „Familie mit Kindern“ finden, haben sie die besten Chancen, den richtigen Mann anzuziehen, um Ihre Wünsche und Träume zu verwirklichen.
Der erste Schritt
Nicht immer muss Frau jedes Problem alleine lösen. Sich bei anhaltenden Problemen professionelle Hilfe zu suchen, ist kein Zeichen von Schwäche, sondern sinnvoll und vernünftig. Immerhin geht es um nichts Geringeres als ein erfülltest Leben. Im Coaching mit Single-Frauen, die sich seit Langem eine Familie wünschen, werden gemeinsam gezielte Schritte gesetzt und unterschiedliche Bereiche des Lebens beleuchtet:
- Die eigene Herkunftsfamilie, bisherige Beziehungen und die damit verbundenen Ängste und Ursachen für innere Blockaden werden erkannt. Oft üben gerade die Eltern unterbewusst Druck aus, indem sie beispielsweise ständig nachfragen, wann sie endlich ein Enkelkind bekommen. An dieser Stelle ist es besonders wichtig, die eigenen Wünsche und Werte genau zu definieren und unabhängig von den Werten anderer zu werden.
- Hemmende Glaubenssätze wie „die Guten sind alle vergeben“ werden hinterfragt und aufgelöst. Die Frage, warum du noch nicht hast, wonach du dich sehnst, wird beantwortet und ein konkreter Plan, die Lebensqualität zu erhöhen, macht.
- Sie werden sich Ihrer selbst bewusst: Dazu gibt es mehrere Prozesse und Übungen, die wirken und hilfreich sind. Allem voran gilt es das eigene Selbstbewusstsein zu stärken. Selbstbewusstsein heißt: sich seiner selbst bewusst zu sein, sich selbst gut zu kennen und die eigenen Bedürfnisse zu achten. Nur eine Frau, die sich selbst kennt und gut leiden kann, kann ich einen Mann verstehen, seine Bedürfnisse achten und ihn entspannt kennenlernen.
Yvonne hat erkannt, dass sie mit 34 Jahren noch Zeit hat und dass sie auch im Fall, dass sie keine Kinder bekommt, glücklich werden kann. Mit ihren Eltern hat sie vereinbart, das Thema Kinder und Familie auszulassen, sie fühlt sich damit sichtlich wohler. Auch ihr eigenes Glück hat sie gelernt neu zu definieren und sehe da, seit sie entspannter und selbstsicherer geworden ist, scheinen auch die Männer deutlich mehr Interesse an ihr zu haben. Insbesondere Walter, 43, ein alleinerziehender Vater, mit dem sie sich nun seit drei Monaten regelmäßig trifft.
- Für Mich, Herbst-Heft 2013, Seiten 36-38