Nach einer Trennung mit Kindern gibt es bei euch viel Streit um die Erziehung eurer Kinder? Hier erfährst du wie in einer solchen Situation eine respektvolle Kommunikation mit dem Ex-Partner gelingen kann.
Eine Trennung mit Kindern ist nicht leicht. Zu dem Schmerz um die verlorene Liebe, der Enttäuschung und der Wut der Eltern kommt die Sorge um die gemeinsamen Kinder, die oftmals sehr unter der Trennung ihrer Eltern leiden. Sie leben fortan in zwei Welten, in denen meist unterschiedliche Regeln gelten. Bei Mama ist es so, bei Papa ganz anders und beide haben unterschiedliche Erwartungen an die Kinder. Erschwerend kommt hinzu, dass die Eltern oft über die Kinder ihre Streitigkeiten und negativen Emotionen austragen. Eine konfliktbeladene Situation, in der einfühlsame Kommunikation zum Wohle aller Beteiligten dringend erforderlich – aber ganz bestimmt nicht einfach ist.
Eine meiner Klientinnen ist gerade in genau dieser Lage. Die Klientin, nennen wir sie Nina, hat sich von ihrem Mann, nennen wir ihn Klaus, getrennt. Die beiden haben zwei Kinder und sie beide haben den Wunsch, sich so gut als möglich um die beiden zu kümmern. Leider haben sie sehr unterschiedliche Vorstellungen davon, wie die Fürsorge für die Kinder aussehen soll.
Ihr Ex-Mann wirft Nina vor, sie würde die Kinder nicht ausreichend streng erziehen. Es brauche jemanden, der Männer aus ihnen mache – und nicht „egozentrische kleine Monster, die nichts zu schätzen wissen“. Insbesondere kritisiert er, wie oft Nina Handys als elektronische Babysitter nutzt. Er selbst wollte es ganz anders machen und seinen Kindern am gemeinsamen Papa-Wochenende die Liebe zur Natur nahebringen – ohne Handys. Dazu lotste er die Kids in den Wald. Leider kam der Ausflug bei den Kindern nicht gut an und der Papa war schwer enttäuscht. Der nächste Streit war vorprogrammiert, denn aus seiner Angst heraus, den Kontakt zu seinen Kindern zu verlieren, ging der Vater bei nächstbester Gelegenheit wieder auf Nina los und kritisierte ihre Erziehungsmethoden.
Nina wiederum hat gute Gründe dafür, warum sie ihren Kindern so viel Handyzeit erlaubt, denn sie braucht gerade viel Zeit für einen beruflichen Neustart. Sie wünscht sich eine Lösung für diesen Konflikt und eine respektvolle Kommunikation mit ihrem Ex-Mann. Zum Wohle ihrer Kinder will sie frei von Ängsten und Vorbehalten mit ihrem Ex-Mann kommunizieren und hat darum im Coaching mit mir einen Brief an ihren Ex-Mann erarbeitet, der dazu beitragen soll, ihr Verständnis füreinander zu verbessern.
Der Brief soll insbesondere deutlich machen, dass sie seine guten Absichten für ihre Kinder zu schätzen weiß – und dass ihr zum Wohle ihrer Kinder sehr an einer freundlichen Kommunikation auf Augenhöhe gelegen ist.
Hier möchte ich Ninas Brief an ihren Ex-Mann mit euch teilen – als Beispiel dafür, wie ein bewusster Umgang mit dem Ex rund um die gemeinsamen Kinder gelingen kann.
Lieber Klaus,
ich höre dir zu und schätze, was du zu geben hast. Ich werde mein Bestes tun, um dich als Vater hochzuhalten und zu respektieren – egal, wie traurig und enttäuscht meine Kinder mit mir darüber reden, dass sie Angst haben, dass ihr Papa so wird wie früher.
Genau wie mir früher fällt es ihnen schwer, zu verstehen, warum du wütend bist – wie in diesem Fall, weil sie aus deiner Sicht zu viel Zeit an ihren Handys verbringen und du dir wünschst, dass sie stattdessen mehr Zeit in der Natur verbringen und sie zu schätzen lernen.
Ich rede mit ihnen darüber, was du versuchst, mit deiner Wut zum Ausdruck zu bringen. Aber sie verstehen es nicht. Sie können sich nicht in dich hineinfühlen. Doch sie spüren deine Distanz und verkriechen sich in sich hinein. So wie du als Kind. So wie ich als Kind.
Auch mir fällt es schwer, dich in deiner Wut zu verstehen. Klausisch zu sprechen habe ich nie gelernt. Deine Kinder auch nicht. Bitte – erkläre ihnen, wenn du wütend bist, was dir fehlt und was du brauchst. Sie können sich nicht in dich hineinfühlen. Doch sie wollen genügen. Sie wünschen sich das Gefühl von Verbundenheit und Zugehörigkeit, ganz besonders in Momenten, in denen sie sich schämen oder schuldig fühlen. Stattdessen vermissen sie Nähe, kippen in Einsamkeit und gehen auf Distanz.
Was unsere Kinder brauchen, sind ehrliche, schöne Begegnungen auf Augenhöhe und nicht Wut aus der Emotion der Enttäuschung heraus.
Dass die Kinder so viel am Handy sind, hat nichts mit einem Nachgeben bei mir zu tun. Es ist eine gemeinsame Entscheidung, die ich mittrage. Und es funktioniert ohne Streit. Denn sie MÜSSEN bei mir viel auf Geräten sein. Es ist ein Teil des Lebens, das ich mir ausgesucht habe. Dafür bin ich verantwortlich. Ich wünschte, es könnte anders sein, wir könnten weniger Zeit mit diesen Geräten verbringen und ich hätte alle Zeit der Welt für meine Kinder – habe ich aber nicht. Ich bemühe mich. Doch im ersten Jahr in einer neuen Firma bin ich weit davon entfernt. Das anzunehmen ist auch deine Aufgabe – bei Mama ist es gerade so.
Darum bitte ich dich: Schimpfe weniger mit unseren Kindern, dass sie so sind, wie sie sind, und konzentriere dich stattdessen darauf, eine schöne Zeit mit ihnen zu gestalten. Bei dir haben unsere Kinder Urlaub. Bei mir sind sie viel allein – aber nicht einsam. Bei dir sollen sie nicht einsam werden. Bitte. Ich hoffe, du verstehst Ninaisch. Und ich Klausisch.
Herzlich Grüße
Nina
Wichtig ist es bei einem solchen Brief, den Perspektivwechsel zur Sicht des Ex-Partners zu vollziehen und Verständnis sowie den Wunsch nach einer Lösung der Konflikte und einem besseren gegenseitigen Verständnis zu signalisieren.
Auch zu den eigenen Unsicherheiten und Emotionen zu stehen, kann eine Brücke zum Ex-Partner bauen. Gleichzeitig dürfen aber auch die eigenen Grenzen verdeutlicht werden – und ein selbstbewusstes Stehen zu den eigenen Entscheidungen und selbstgewählten Lebensweisen, die möglicherweise einen Einfluss auf das Leben der gemeinsamen Kinder haben.
Hast auch du gerade ein Thema zu Konflikten mit deinem Ex-Partner? Dann lass uns gerne darüber sprechen. Gemeinsam finden wir heraus, wie ihr zu einer respektvollen Kommunikation auf Augenhöhe finden könnt – ohne Vorwürfe und Unverständnis. Unser Seelenfrieden und die gute Beziehung zu unseren Kindern sind es wert, das zu versuchen – immer und immer wieder, bis es gelingt.
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