Nach einem Seitensprung fragt sich der oder die Betrogene: Warum gehen Menschen fremd? Laut einer aktuellen Studie gibt es acht Gründe.
Wunsch und Wirklichkeit klaffen oft weit auseinander. Vor allem, wenn es um so ein komplexes Thema wie die Liebe geht. Die meisten Paare wünschen sich „bis dass der Tod sie scheidet“, eine monogame Beziehung – voller Vertrauen, über jeden Zweifel erhaben und selbstverständlich mit ganz viel Herzklopfen. Glaubt man einer Umfrage der Dating-Plattform Elitepartner, haben diese Paare ihre Rechnung ohne die Realität gemacht: 31 Prozent der weiblichen Teilnehmerinnen und 27 Prozent der befragten Männer in einer festen Beziehung sind mindestens einmal fremdgegangen. Sitzen Treue und Untreue etwa wie Engelchen und Teufelchen auf den Schultern eines:einer jeden Verliebten und kämpfen darum, wer das letzte Wort hat?
Siegt der Teufel Untreue, so viel steht fest, ist nichts mehr, wie es war. Die einstmals scheinbar so perfekte Beziehung existiert nach einem Seitensprung nicht mehr. Der große Vertrauensbruch droht sogar, sie zu zerbrechen – viele Paare trennen sich nach einer Affäre. Den oder die Fremdgeher:in quälen die Schuldgefühle, der oder die Betrogene ist zutiefst verletzt und kann sich meist kaum vorstellen, jemals zu verstehen, geschweige denn zu verzeihen. Die Ungewissheit nagt an den Betroffenen und macht, dass ihre tiefen Wunden keine Chance auf Heilung haben: Wie konnte es nur so weit kommen? Warum gehen Menschen fremd, obwohl sie sich gebunden haben?
Wer fremdgeht, will oft sein Selbstwertgefühl stärken
Psychologen der amerikanischen University of Maryland haben sich dieselbe Frage gestellt und wollten von 495 Männern und Frauen, die ihre:n Partner:in betrogen haben, mehr über ihre Motive wissen. Die Ergebnisse, erschienen im Fachmagazin „Journal of Sex & Marital Therapy“, legen acht Ursachen für Untreue nahe:
1. Wut auf den oder die Partner:in
Wut ist ein starkes Gefühl, das, gibt man ihm nach, zu einem Bruch mit den eigenen Werten führen kann. Viele der Umfrageteilnehmer:innen gaben an, infolge eines Konflikts oder häufiger Streitereien mit dem oder der Partner:in fremdgegangen zu sein. Auch Rache ist ein häufiges Motiv: Einige Befragte, die eine Affäre angefangen hatten, waren selbst einmal Opfer von Untreue gewesen.
2. Wunsch, das Selbstwertgefühl zu steigern
Komplimente, Liebkosungen, Geschenke – zu Beginn einer Beziehung geben sich die meisten Menschen viel Mühe, den oder die Geliebte zu beeindrucken. Diese Formen der Wertschätzung und Bestätigung lassen erfahrungsgemäß mit dem Ende der ersten großen Verliebtheitsphase nach. Hat der:die Partner:in daraus seinen:ihren Selbstwert gezogen, steht er oder sie vor einem Problem. Der Wunsch nach Anerkennung ist laut Umfrage bei einigen Menschen so stark, dass sie sich auf eine Affäre einlassen.
3. Mangel an Liebe
Ein weiterer Grund für Untreue, den die Teilnehmer:innen der Seitensprung-Studie nannten, war die Unsicherheit über die eigenen Gefühle für den oder die Partner:in. Wer dem Zweifel, ob er oder sie wirklich der:die Richtige ist, nachgeht, kann sich auf der Suche nach diesem Ideal zu einer Affäre hingezogen fühlen.
4. Geringe Verbindlichkeit
Je stärker die Bindung in der Partnerschaft, desto geringer stehen die Chancen für einen Vertrauensbruch. Dafür bedarf es einer klaren, ehrlichen Kommunikation, angefangen beim Beziehungsstatus. Ist dieser nicht eindeutig definiert und bestehen auf der einen oder anderen Seite Zweifel am Konzept der Monogamie, wird ein Seitensprung wahrscheinlicher. So gaben einige Befragte an, sich grundsätzlich nicht festlegen zu wollen und deshalb zweigleisig zu fahren – ein typisches Motiv von bindungsängstlichen Menschen.
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5. Bedürfnis nach Abwechslung
In einer langjährigen Beziehung zieht irgendwann der Alltagstrott ein. Plötzlich ist es nicht mehr so einzigartig und aufregend, neben dem:der Partner:in aufzuwachen, die Sexstellungen sind immer die gleichen und beim gemeinsamen Abendessen hat man sich nichts Neues zu berichten. Diese fehlende Abwechslung nannten einige der Befragten als Grund für ihre Untreue.
6. Fehlende Nähe
Nähe und echte Verbundenheit sind die Basis einer gesunden Liebesbeziehung. Jedes Paar definiert Intimität anders – für manche hat Sex oberste Priorität, für andere sind tiefe Gespräche ein wichtiger Faktor, um sich einander nah zu fühlen. So oder so, herrscht über eine längere Zeit emotionale oder körperliche Distanz, ist eine Beziehungskrise oft nicht weit. Ein Teil der Befragten gab an, diesen Mangel an Aufmerksamkeit durch eine Affäre kompensiert zu haben.
7. Sexuelles Verlangen
Auch Sex ist ein Grund, warum Menschen fremdgehen. Klaffen die sexuellen Bedürfnisse mit dem:der Partner:in auseinander, kann das ein Sprungbrett hin zu einer Affäre sein. Anders als zu erwarten, geht es den meisten dabei aber nicht primär um Sex. Laut Umfrage sehnt sich der Großteil der Fremdgeher:innen bei einem Seitensprung nach Küssen und Kuscheln.
8. Ausrutscher
Einige der Befragten gaben an, dass ihr Seitensprung der Situation geschuldet war: Trunkenheit, extremer Stress oder eine zufällige Begegnung nannten die Studienteilnehmer:innen als Motive für einen unverfänglichen One-Night-Stand.
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Betrogene dürfen bei sich selbst anfangen
Eine Affäre muss nicht automatisch das Ende einer Beziehung bedeuten, so das Ergebnis der amerikanischen Seitensprung-Studie. Nur eine von fünf Beziehungen ging demnach nach dem Betrug in die Brüche. Das war vor allem dann der Fall, wenn Wut, mangelnde Liebe, Vernachlässigung oder Unverbindlichkeit als Motive genannt wurden.
Was mir besonders wichtig ist an dieser Stelle: Die Umfrage bildet natürlich nur einen kleinen Ausschnitt der Realität ab. Die menschliche Psyche ist komplex und ebenso sind es Liebesbeziehungen. Wir können nicht alle Fremdgeher und Betrogenen über einen Kamm scheren und müssen uns immer den individuellen Fall anschauen, idealerweise in einem Einzel- beziehungsweise Paarcoaching. Für mich zeigt die Seitensprung-Studie einmal mehr: Um das Geschehene verarbeiten zu können, müssen Betrogene die Beweggründe ihres:ihrer Partners:Partnerin verstehen. Doch es wäre aus meiner Sicht ein großer Fehler, sich allein darauf zu fokussieren. Wer nicht als Opfer, sondern gestärkt aus der Krise hervorgehen will, sollte vor allen Dingen bei sich selbst anfangen.
Betroffene dürfen sich fragen: Welchen Anteil habe ich an der Situation? Wo habe ich meine eigenen oder die Bedürfnisse meines:meiner Partners:Partnerin übersehen? Welche Handlungsmuster oder Entscheidungen haben uns entzweit?
Meine langjährige Coachingerfahrung zeigt mir immer wieder: Ein Seitensprung oder die aufkeimenden Gefühle für einen anderen Menschen müssen kein K.-o.-Schlag für die Beziehung sein. Im Gegenteil: Sie können eine Chance darstellen, die bestehende Partnerschaft UND die Verbindung zu sich selbst neu zu definieren. Auch wenn die Situation im ersten Moment ausweglos erscheint: Sie kann der Ausgangspunkt sein, persönlich zu wachsen und genau das Beziehungsleben zu kreieren, das du liebst – und zwar mit genau der Person, die du wirklich willst.
Lies hier, wie sich das Vertrauen nach einem Seitensprung wieder aufbauen lässt.
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