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Vaterkomplex: Warum du noch keine glückliche Beziehung hast

Geschrieben von Dominik Borde | 25 Mär

Deine Eltern beeinflussen massiv jede Beziehung, die du in deinem Leben eingehst – ob zu Partner:innen oder zu dir selbst. Welche Rolle bis heute dein Vater spielt und warum es sich lohnt, deine Vaterthemen anzuschauen und aufzulösen. 

Es gibt viele Arten, wie das Leben aus den Fugen geraten kann: Vielleicht ziehst du immer wieder vergebene Partner:innen an oder hangelst dich von Affäre zu Affäre, ohne dich je richtig binden zu können. Beruflich läuft es gut bei dir, doch in Beziehungen findest du dich ständig in den gleichen Konflikten wieder. Oder es will dir einfach nicht gelingen, gut für dich selbst zu sorgen – du trinkst zu viel, bewegst dich zu wenig und überarbeitest dich. Was, wenn ich dir sage, dass der Ursprung für alles, was sich in deinem Leben gerade unbequem oder schmerzhaft anfühlt, möglicherweise bereits viele Jahre zurückliegt? Vielleicht ist die Ursache deiner Beziehungsprobleme ein ungelöstes Thema mit deinem Vater. 

Welche Rolle Väter haben

Väter sind der erste Mann im Leben ihrer Kinder. Sie können Vorbild sein oder Feind, Beschützer oder Gewalttäter, schwach oder dominant, fürsorglich oder abwesend. Egal, ob du den besten Papa der Welt hast oder euer Verhältnis bis heute konfliktreich ist: Väter prägen unsere Persönlichkeitsentwicklung und unser Männerbild – und haben damit massiven Einfluss auf unser gesamtes gegenwärtiges Denken, Fühlen und Handeln. Sogar dann, wenn du längst aus deinem Elternhaus ausgezogen bist und erst recht, wenn du den Kontakt zu deinem Vater aus Hass abgebrochen hast. 

Fest steht: Erst wenn du dich vollständig und in Liebe von beiden Elternteilen abgenabelt hast, wirst du ein freies, glückliches und erfülltes Leben kreieren können. Mit diesem Artikel möchte ich dir dabei helfen, die Rolle deines Vaters besser zu verstehen und zu erkennen, ob du tatsächlich einen Vaterkomplex hast. 

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Was bedeutet Vaterkomplex?

Der Begriff „Vaterkomplex“, auch als „Elektrakomplex“ bekannt, bezieht sich per Definition ausschließlich auf die Vater-Tochter-Beziehung und geht auf den Psychoanalytiker Carl Gustav Jung zurück. Gemeint ist damit eine übermäßig starke Bindung einer weiblichen Person an ihren Vater. Das Verhältnis muss nicht zwangsläufig extrem nah, sondern kann auch distanziert und konfliktbehaftet sein. Heißt, ein abwesender Erzeuger kann ebenso einen Vaterkomplex auslösen wie ein überpräsenter. Weil aber nicht nur Töchter, sondern auch Söhne durch ihre Väter geprägt sind, verwende ich stattdessen den Begriff „Vaterthemen“. 

Vaterkomplex und Vaterthemen erkennen

Woran erkenne ich nun, auch wenn meine Kindheit zwanzig Jahre oder mehr zurückliegt, dass ich ein Thema mit meinem Vater habe? So viel vorweg: Es ist sehr unwahrscheinlich, dass du keines hast! Typischerweise zeigen sich ungesunde Verstrickungen mit der Vaterfigur erst im Erwachsenenalter – meist zu einem Zeitpunkt, wenn wir glauben, uns längst vom Elternhaus losgelöst zu haben. 

Ein Beispiel aus meiner Coachingpraxis: Eine Klientin kommt zu mir, weil sie ihrem Mann fremdgeht, obwohl sie ihn liebt. Sie gesteht, dass es nicht ihre erste Affäre ist. Auch in früheren Beziehungen hatte sie Seitensprünge. Im Laufe des Gesprächs kommen wir darauf, dass ihre Partner immer fürsorgliche, sanfte Männer sind, für die sie nach der ersten Verliebtheitsphase keine große Leidenschaft empfindet. Schließlich entschlüsseln wir, dass ihr Vater, ein erfolgreicher Manager, in ihrem Leben kaum eine Rolle spielte, worunter vor allem die Mutter etliche Jahre gelitten hat. Dieses Schicksal wollte sie selbst nicht erleiden und sucht sich darum als erwachsene Frau Partner, die möglichst das Gegenteil ihres Vaters sind: Typ liebevoller Familienmensch statt unterkühlter Macher. Doch weil ihr die sexuelle Anziehungskraft mit diesen Männern fehlt, flüchtet sie sich in Affären. 

Ein Vaterkomplex oder Vaterthema kommt häufig zum ersten Mal durch Beziehungsprobleme ans Licht: Die Partnerschaft ist nicht (mehr) erfüllend, kein:e Partner:in ist gut genug oder man wird ständig sitzen gelassen. Vaterthemen manifestieren sich aber nicht allein im Liebesleben. Auch wiederkehrende Konflikte in Freundschaften, mit Kollegen oder Kolleginnen und Vorgesetzten, Schwierigkeiten im Umgang mit Geld und Süchte können Hinweise auf ungelöste Verstrickungen mit dem Vater sein. 

Du kannst davon ausgehen, dass 99,9 Prozent deiner ungeliebten Verhaltensweisen, limitierenden Gedanken und unangenehmen Gefühle auf dein Familiensystem zurückzuführen sind.

Meiner Erfahrung nach hat jeder Mensch Themen mit seinem Erzeuger und es ist wichtig, dass sich jeder Einzelne seinen persönlichen Komplex anschaut und auflöst, um glückliche Beziehungen führen zu können. 

Wie entstehen Vaterthemen? 

Als Kind saugen wir Erfahrungen und Wissen auf wie ein Schwamm. Die ersten sieben Lebensjahre lernen wir mehr als die übrigen achtzig. Alles, was in unserer Kindheit um uns herum geschieht, prägt unser gesamtes restliches Leben. Der Vater lehrt uns, was Männlichkeit und Mann-Sein bedeutet. Die Art und Weise, wie er mit der Mutter umgeht und umgekehrt, zeigt uns, wie In-Beziehung-Sein funktioniert. Für Töchter haben ihre Väter zusätzlich eine besondere Rolle: Denn der Papa ist nicht nur der erste Mann, sondern auch die erste große Liebe im Leben einer Frau. An ihm werden später alle Partner gemessen.  

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Prägend ist auch, wie sich der Vater in der Familie positioniert: Ist er liebevoll, ständig präsent und vermittelt Sicherheit? Oder ist er abwesend, leistungsorientiert und unberechenbar? Aus der Familiendynamik heraus entwickelt jedes Kind individuelle Verhaltensmuster. So verinnerlicht beispielsweise ein Kind, dessen Vater Typ „Erfolgsmensch“ ist, nur geliebt zu sein, wenn es stark ist und gute Noten nach Hause bringt. Es lernt, dass es einen Weg gibt, „richtig“ zu sein, nicht aber, dass es um seiner selbst willen liebenswert ist, dass es okay ist, auch mal schwach zu sein und um Hilfe zu bitten.

In der Pubertät, spätestens aber im Erwachsenenalter, kommen Kinder üblicherweise an einen Scheideweg: Entweder sie idealisieren ihren Vater und machen ihn zum Vorbild oder sie wenden sich von ihm ab und dämonisieren ihn regelrecht.

Das kann bedeuten, dass ein Sohn seinem scheinbar heldenhaften Vater nacheifert oder dass eine Tochter sich nur Partner sucht, die ihrem Vater ähneln. Manche Menschen reinszenieren die Beziehung ihrer Eltern, um es selbst „besser“ zu machen. Im anderen Fall zieht die Tochter wie im vorangehenden Klientenbeispiel unbewusst Männer an, die das Gegenteil von ihrem Erzeuger sind. Oder ein Sohn, der seinen Vater immer als schwach wahrgenommen hat, wird selbst zum dominanten Workaholic. 

 Man kann es drehen und wenden, wie man möchte: Wer sich diese Verstrickungen nicht bewusst macht, wird keine erfüllten Beziehungen leben können und das Leben immer wieder als Kampf empfinden.

Was passiert, wenn ich meine Vaterthemen nicht anschaue?

Viele meiner Klientinnen und Klienten wünschen sich Soforthilfe: schnelle Lösungen, die ihre Probleme in Luft auflösen. Wenn ich sie bitte, ihre Kindheit und die Beziehung zu Vater und Mutter zu schildern, spüre ich häufig Widerstand. Zugegeben, die Rückschau ist häufig emotional und anstrengend. Aber nur durch sie kann echte Transformation beginnen.  

Fakt ist: Eine Frau, die darunter leidet, dass sie sich immer nur zu Männern hingezogen fühlt, die sie schlecht behandeln, wird erst dann eine glückliche Beziehung auf Augenhöhe finden, wenn sie sich das Verhältnis zu ihrem Vater anschaut.

Sie wird vermutlich erkennen, dass das Verhältnis zu ihm konfliktreich war und sie in ihrer Kindheit ständig abgewertet wurde. Dass ihr Hang zu „Badboys“ eigentlich nur eine Reinszenierung ihrer weniger guten Vater-Tochter-Beziehung ist. Beschäftigt sie sich mit ihrem Vaterkomplex, kann sie erkennen, dass sie als Erwachsene einem kindlichen Muster folgt, welches einem glücklichen Liebesleben im Weg steht. Verweigert sie sich dieser Einsicht und daraus resultierenden Verhaltensänderungen, werden auch der nächste und übernächste Mann und alle danach sie schlecht behandeln. 

Ein anderes Beispiel: Ein Mann, der geradewegs auf einen Burn-out zusteuert, wird erst dann eine gesunde Balance finden, wenn er auf seine Kindheit zurückschaut. Nur dann hat er die Chance zu erkennen, dass sein Vater immer schon überhöhte Ansprüche an ihn hatte, denen er nie gerecht werden konnte. Aus dem Gefühl heraus, nicht gut genug zu sein, strebt der Sohn im späteren Leben nach Perfektion, Leistung und Anerkennung – und überfordert damit permanent sich selbst und andere. Bleibt der Mann blind für diese Einsicht, wird seine Karriere weiter zu Schaden seiner Gesundheit und Beziehungen gehen.  

Vaterkomplex und Vaterthemen auflösen

Der erste wichtige Schritt ist die Erkenntnis und Annahme, dass die eigene Kindheit und die Beziehung zum Vater nicht perfekt waren. Wer sich in Akzeptanz übt, hat bereits eine Menge gewonnen. Warum?

Die vollständige Abnabelung von den Eltern und das Auflösen von Vaterthemen kann nur in Liebe gelingen. Wenn du also im Hier und Jetzt mit Wohlwollen auf beide Elternteile blicken und ihnen verzeihen kannst, dass sie Fehler gemacht haben. Wer weiter Wut empfindet, sich schuldig fühlt oder sich in Hass von seinem Erzeuger abwendet, wird sich ein Leben lang an seinem Vaterkomplex abarbeiten. 

Um ein tieferes Verständnis deiner Vaterthemen zu gewinnen, kannst du gedanklich in deine Kindheit zurückreisen. Folgende Fragestellungen können dir dabei helfen:

  • Wie musste ich sein, um von Papa geliebt zu werden?
  • Wofür hat mein Vater mich gelobt und wofür wurde ich von ihm bestraft?
  • Welche (stillen) Aufträge hatte mein Vater an mich?
  • Was waren typische Sätze von Papa, die er mir als Kind oft gesagt hat?

Die Antworten können erste Hinweise auf deine unerwünschten Verhaltensmuster und limitierenden Gedanken oder Glaubenssätze sein, die dir heute das Leben schwer machen. Wer einen Schritt weiter beziehungsweise eine Schicht tiefer gehen will, kann auch an einer Familienaufstellung teilnehmen. Mehr dazu hier: Familienaufstellung: Wem sie helfen und was sie bewirken kann

Deine Unterstützung bei ungelösten Vaterthemen

In der Regel leiden Menschen oft jahrelang unter ihren Themen, bevor sie zu uns kommen. Sie haben bereits viel Zeit und Energie in die unterschiedlichsten Ansätze investiert, ohne eine echte Veränderung anzustoßen. Und das, obwohl sie längst wissen, was sie anders machen sollten. Verstehen ist das eine und in der Regel gar nicht so schwer. Deutlich herausfordernder ist hingegen die Umsetzung im realen Leben.
 
Deshalb bieten wir bei SozialDynamik nicht einfach Coachingstunden und erst recht keine Quick-Fixes. Stattdessen erwartet dich bei uns echte Transformation – in einem von Experten geführten und  tausendfach erprobten Prozess, der nachhaltige Veränderungen bringt. 
 

In einem kostenlosen Erstgespräch lernst du uns und unsere einzigartige Methodik noch besser kennen. Gemeinsam finden wir heraus, was die wahren Ursachen deiner Themen sind, wie du sie nachhaltig wirklich lösen kannst und wie wir speziell dir weiterhelfen können. 

Erfahre hier mehr zum Thema „Familienprobleme und inneres Kind heilen“.